Antikenmuseum Basel

Freitag, 1. März 2024

Am 1. März traf sich eine kleine Gruppe in Basel im Antikenmuseum um unter kundiger Führung von Mike Stoll, Ägyptologe und Religionspädagoge, einen kleinen Ausflug in die Welt der faszinierenden Kultur der alten Ägypter zu unternehmen.

 

Auf dem Weg zur Ausstellung ist ein grosses Wandgemälde zu sehen, das uns die Dimensionen des Landes aufzuzeichnen versucht. Es sind tausende von Kilometern vom Mittelmeer bis zu den Quellen! Von den Pyramiden von Gizhe (auf dem Bild ganz rechts, ungefähr dort, wo die Fotografin steht, und darum leider nicht mehr zu sehen) bis zu den Tempeln von Abu Simbel (im Bild ganz links).

Keine einfache Aufgabe, ein so riesiges Reich zusammenzuhalten. Es ist auch nicht lückenlos gelungen. DIE alten Ägypter gibt es nämlich nicht. Verschiedene Herrscher, diverse Dynastien, sich verändernde Grenzen, und vor allem verschiedene Sprachen und Kulturen! Das einzige, das durchgängig blieb, von den ersten Dynastie bis zur letzten, von Nord bis Süd, so lernten wir von Herrn Stoll, sind die Hieroglyphen! Klar, um ein so grosses Reich zu verwalten, brauchte es diese Möglichkeit zu kommunizieren. Was die Sprachen betrifft, sei es damals nicht anders gewesen als heute: ein Basler habe durchaus Mühe, die nur ein paar hundert Kilometer entfernt lebenden Walliser zu verstehen, wenn die im Dialekt loslegen! So könne man sich vorstellen, wie sehr sich die Sprache auf tausenden Kilometern verändert. Wie auch immer, Hieroglyphen wurden offenbar verstanden.

Nach dem Untergang des ägyptischen Reiches dauerte es dann aber allerdings bis ins 19. Jahrhundert, bis es Jean-François Champollion gelang, die Bedeutung der Hieroglyphen zu entschlüsseln. Mithilfe des Steins von Rosette (im Museum ist ein Faksimile zu sehen). Auf diesem Stein ist dieselbe Botschaft in drei verschiedenen Schriften geschrieben. Oben die Hieroglyphen, in der Mitte eine ägyptische Schrift, unten altgriechisch.

Dem genialen Kerl fiel auf, dass es im Hieroglyphentext Worte gab, die umrandet waren (Kartuschen), was bestimmt bedeutete, dass sie besonders wichtig waren.

Im Vergleich mit dem griechischen Text fand er heraus, dass es sich um die Namen von Pharaonen handelte. In diesem Fall steht hier Ptolemaios! Was ebenfalls wichtig war: in Hieroglyphen und griechischen Buchstaben hat das Wort gleich viele Zeichen!  Bis anhin war man davon ausgegangen, dass Hieroglyphen für Worte standen. Auge für ein Auge, Vogel für einen Vogel, zum Beispiel. Champollion stellte fest, dass auch bei den Hieroglyphen jedes Zeichen für einen Laut stand! Das war der Durchbruch. Alles weitere ein Spaziergang? Nein, natürlich nicht. Aber den ganzen komplexen Vorgang hier aufzuschreiben, würde den Bericht enorm verlängern! Wenn es dich interessiert, dann google einfach „Stein von Rosette“ und du findest ganz viele Berichte und youtube-Videos, die das alles erklären.

Wir haben in den fast anderthalb Stunden noch einiges andere über die Ägypter erfahren. Unter anderem auch, warum wir heute so viel über sie wissen. Wir haben das den Jenseitsvorstellungen der  Ägypter zu verdanken. Die Ägypter glaubten daran, dass es ein Leben nach dem Tod gibt. Der Tod ist nur der Übergang, danach geht es (fast) genau gleich weiter. Darum wurden die Toten mit allem begraben, das sie in diesem und natürlich auch im nächsten Leben brauchten, bzw. brauchen würden. Es gibt nämlich fast keine Siedlungen, die ausgegraben wurden (so, wie z.B. bei den Griechen oder Römern), wir kennen das Leben aus der damaligen Zeit praktisch nur aus Gräbern.

In solchen Gefässen wurden z.B. Getreide oder Bier mit in die Gräber gegeben. Das kann man heute alles chemisch nachweisen. Und damit niemand auf dumme Ideen kam, wurden Grabgefässe speziell gebrannt. Der schwarze obere Teil kennzeichnet diese Krüge als Grabbeigaben.

Und auf diesem Gefäss sind nicht einfach „nur“ hübsche Gazellen und Flamigos abgebildet, hier steht geschrieben: dies ist eine Grabbeigabe! Also nicht stehlen!

Man schaut all diese Dinge mit ganz anderen Augen an, wenn man das mal weiss!

Wer an ägyptische Gräber denkt, der sieht wohl automatisch Mumien vor sich, Sarkophage in Menschenform, bunt ausgemalte Pyramiden, Tutanchamun. Selbstverständlich konnten sich nur die Herrscher so riesige Grabmäler leisten. Die Oberschicht bekam aber auch ganz hübsche Särge! Und  einfache Leute wurden zwar ganz einfach im Sand begraben, aber immer auch mit den entsprechenden Beigaben. Die Sarkophage sind, wie wir hörten, eine Erfindung erst späterer Dynastien. Ältere Särge waren ganz einfache Holzkisten, aber ebenfalls reich bemalt.

Auf die Frage, warum da wohl Augen auf den Sarg gemalt wurden, waren wir etwas ratlos. Der Sarg sei das neue Zuhause des Verstorbenen, die aufgemalten Augen quasi die Fenster, durch die er schauen könne. Und ob uns aufgefallen sei, dass auf ägyptischen Bildern nie alte Menschen zu sehen seien? Was abgebildet ist, das wird! Man malte sich also das Jenseits so ideal wie möglich. Wer will den schon in einem gebrechlichen Körper ewig leben! Und womöglich jeden Tag mit Rheuma aufwachen! Nein, jung und hübsch möchte man im Jenseits sein! Und der eine oder andere hoffte auf einen Aufstieg im Jenseits! Ein Arbeiter blieb zwar auch im Jenseits ein Arbeiter, aber vielleicht könnte er ja Vorarbeiter sein!? Ein gewöhnlicher Händler Chef der Zunft. etc. Entsprechend wurden die Särge ausgemalt und mit den nötigen Werkzeugen bestückt.

Wir erfuhren, wie man einen Körper mumifiziert, wie die Organe entnommen und in Kanopen (spezielle Gefässe) gelegt werden. Nur das Herz wird zurück in den Körper gelegt. Denn im Herz ist die Seele zuhause. So glaubten die Ägypter. Die Kanopen mit den Eingeweiden wurden immer nahe beim Sarg begraben, denn im Jenseits werden die Organe ja wieder gebraucht! Wie soll man denn sonst die feinen Speisen geniessen, wenn da kein Magen mehr ist, oder atmen ohne Lunge?

Ebenfalls mit ins Grab gehörten sogenannte Uschebti. Wenn möglich 365, für jeden Tag im Jahr einen. Die Uschebti sollen stellvertretend für den Toten die Arbeit übernehmen. Die Figuren mit Peitsche sind die Aufseher, die dafür sorgen, dass das mit der Arbeit im Jenseits auch klappt. Die Frauenfiguren könnten Liebesdienerinnen sein. Wobei auch in Frauengräbern weibliche Figuren gefunden wurden, wo sie wahrscheinlich für die Fruchtbarkeit der Toten stehen. (Sorry für die lausige Bildqualität! Alles ist hinter Scheiben! Spiegelungen lassen sich einfach nicht immer verhindern.)

Als letztes warfen wir dann noch einen Blick auf die diversen ägyptischen Götter, die manchmal in Tierform, meistens aber in Mischgestalten – menschliche Körper und Tierköpfe – abgebildet werden.

Für einen vertiefenden Blick in die Götterwelt reichte die Zeit aber nicht mehr. Nur Isis, Osiris und Horus haben wir uns noch speziell angeschaut. Weil diese drei durchaus etwas mit dem Christentum zu tun haben.

Es handelt sich quasi um die Vorläufer der Heiligen Familie. Gott-Vater Osiris, Gottesmutter Isis und Gottes Sohn Horus. Wer die Bilder von Isis mit Horus auf dem Schoss anschaut braucht nicht viel Phantasie um die Ähnlichkeit mit Maria mit dem Jesuskind zu sehen! Und Marias blauer Mantel kommt genau von den Isis-Darstellungen. Die ägyptische Himmelskönigin wurde immer mit blauem, weitem Mantel gemalt. Sterne auf dem Mantel, Sternenkranz über ihrem Kopf oder wie auf einer der Figuren auf dem Bild: die Sonnenscheibe. Gewisse Ähnlichkeiten sind nicht von der Hand zu weisen! Aus früheren Ausflügen ins Bibel+Orient Museum in Freiburg wissen wir ja schon, dass wir einiges von anderen, älteren Religionen abgeschaut haben…

Ein Gedanke, der da auch noch auftaucht: die ägyptische Religion hat sich über Jahrtausende gehalten und sich dann trotzdem überlebt, ist bedeutungslos geworden und ausgestorben. Weil, sagte Alois, die Rituale nicht mehr verstanden wurden. Nur noch die Priester wussten, worum es geht. Das gewöhnliche Volk hatte andere Ideen, entwickelte sich in eine andere Richtung, suchte anderes, der Monotheismus kam auf, Judentum, Christentum und Islam gewannen gegen die Götterwelt der Ägypter (und Römer und Griechen). Und wem das jetzt seltsam aktuell vorkommt – ich meine, die Tatsache, dass nur noch Priester und einige wenige verstehen, worum es geht, das Gros der Menschen je länger je weniger um die Bedeutung von Ritualen und Gottesdiensten weiss – liegt wohl nicht so falsch. Was wohl kommen mag? Wir wissen es nicht. Die Unsicherheit von heute verbindet uns mit den Menschen von damals, die wohl genauso ratlos waren, als ihre Götterwelt ins Wanken kam.

Bericht und Bilder: Barbara Fleischmann

P.S. Wer den Anlass verpasst hat oder die Ausstellung nochmal anschauen möchte, kann das gut alleine machen, es gibt einen Audio-Guide!

Weitere Bilder

Bevor es losgeht, gib es ein feines Mittagessen
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Der Stein von Rosette (Faksimile)
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ägyptisches Totenbuch
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Schminkuntensilien und Spiegel sind ebenfalls Grabbeigaben. Man will auch im Jenseits schön sein!
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Ägypter und Ägypterinnen tragen eine Perücke.
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