Es ist schon Tradition, dass wir im Herbst einen Ausflug nach Fribourg machen und uns die neueste Ausstellung im Bibel+Orient Museum anschauen. Dieses Jahr war es am 24. Oktober so weit, grad rechtzeitig, dass wir die neue Ausstellung «Ethnographica» als allererste Gruppe besuchen konnten.

Zugang zur Bibel durch das Land der Bibel

Mittagessen

Nach dem Mittagessen im «Le Pingouin», während dem schon eifrig diskutiert und gefragt wurde, machten wir uns auf den Weg ins Museum. Dort standen erst mal alle staunend vor den grossen Tora-Rollen. Sie faszinieren immer wieder, obwohl wir sie ja schon öfter gesehen haben. Diesmal las – nein sang – uns Florian Lippke die ersten Verse der Bibel vor, so wie das in jüdischen Gottesdiensten gemacht wird. – Schade, dass meine Bilder nicht tönen…

Schade, dass meine Bilder nicht tönen...

Dokumente und Monumente

Danach führte er uns durch die Gänge der Uni zu den Vitrinen, in denen die Wichtigkeit der Forschung an Dokumenten und Monumenten zur Sprache kam. Es geht darum, die Geschichte der Texte zu erforschen, denn sie sind ja nicht vom Himmel gefallen, sondern von Menschen aufgeschrieben, abgeschrieben und übersetzt worden. Der Text hat sich dabei weiterentwickelt, die Übersetzer haben ihre eigenen Vorlieben eingebracht, der eine hat das Patriarchalische mehr betont, dem anderen war die Spiritualität wichtiger, etc.

Unter Monumenten darf man sich nicht nur Gebäude vorstellen, ein Monument ist etwas, das hergestellt ist, erklärt Florian Lippke. Statuen zum Beispiel oder Münzen und ganz gewöhnliche Alltagsgegenstände. Man hat herausgefunden, dass sich das Leben in Palästina seit biblischen Zeiten bis ins 19. Jahrhundert kaum verändert hatte. Gegenstände, die in der Bibel beschrieben sind, wurden bis vor der Industrialisierung noch fast genau so hergestellt und gebraucht wie vor 2000 und mehr Jahren.

Es tönt irgendwie selbstverständlich: wer die Bibel verstehen will, muss sich auch mit der damaligen Kultur, mit der Lebens- und Denkweise, etc. befassen. Diese Erkenntnis ist aber noch gar nicht sooo alt.

In den 60er Jahren ist Othmar Keel mit seiner Vespa durch den ganzen Orient gefahren, Israel, Libanon, Syrien, Irak, Iran und hat mit seinen Forschungen einen ganz anderen neuen Zugang zur Bibel eröffnet. Anhand von einigen Beispielen zeigte uns Florian Lippke, was das bedeutet. Baal zum Beispiel wird in der Bibel als grausamer Monstergott beschrieben, eine Baal-Statue aus der Zeit ist klein und zierlich und überhaupt nicht monstermässig. Baal war für die Kananiter auf keinen Fall ein Scheusal. Für uns heute bedeutet das, dass wir biblische Polemik nicht einfach so übernehmen und weitertradieren dürfen. Wir wissen es heute besser.

Oder diese Münzen:

Münzen

In der griechischen Bibel ist sehr oft von Doxa und Pleroma die Rede. Doxa bedeutet Herrlichkeit und mit Doxa wird auch der Haarschmuck des Kaisers bezeichnet. Pleroma bedeutet Fülle. Auf der einen Münze ist der Kaiser samt Doxa abgebildet auf der anderen Füllhörner, wie sie für Salböle oder Wein gebraucht wurden. – Liest man Texte über die Herrlichkeit und Fülle des Lebens nicht ganz anders, mit diesen Münzen vor Augen!?

Blatt aus einer Samaritanischen Tora-Rolle

Dies ist ein Blatt aus einer Samaritanischen Tora-Rolle. Die Samaritaner benutzten eine alte Schrift. Absichtlich. Sie wollten damit beweisen, dass ihr Glaube älter und somit richtiger und heiliger ist, als jener der Juden (für die Samaritaner zählt nur die Tora, die Geschichtsbücher und die Propheten sind für sie nicht Heilige Schrift).. – Die Juden haben die Samaritaner nicht gemocht, unter anderem auch wegen diesem Anspruch. Auch das hilft zum besseren Verständnis zum Beispiel vom Gleichnis vom barmherzigen Samaritaner, oder die Geschichte von Jesu‘ Begegnung mit der Samaritanerin am Jakobsbrunnen.

Mehr dazu auch im Newsletter vom Bibel+Orient Museum

Ethnografica

Mit der Bibel in der Hand durch die neue Ausstellung gewandert.

Mit der Bibel in der Hand sind wir dann durch die neue Ausstellung gewandert. Auch wenn die Gegenstände selber kein biblisches Alter haben, sind sie doch den in der Bibel erwähnten Dingen sehr, sehr ähnlich. Auf dem Bild unten ein Pflug und ein Bienenröhre. Aus dem Land, in dem Milch und Honig fliesst…

Pflug und Bienenröhre

«Siehe, ich habe dich zu einem scharfen, neuen Dreschschlitten gemacht, mit Doppelschneiden versehen: du wirst Berge dreschen und zermalmen und Hügel der Spreu gleichmachen.» (Jes 41,15)
Der eine dieser Dreschschlitten hat harte Basaltsteine in den Löchern, der andere scharfe Schneiden, die man auf dem Bild aber nicht sieht…

Dreschschlitten

Der Vorteil einer kleinen Gruppe ist, dass es für einmal erlaubt war, die Gegenstände auch anzufassen, um die Schärfe der Schneiden zu testen oder sich die Hand zu zerkratzen an den dornigen Besen..

Besen

«So sprach der HERR zu mir: Mach dir Stricke und Jochstangen und lege sie auf deinen Hals.» (Jer 27,2)

Jochstange

Die typische Kleidung der Hirten.

Hirtenkleider

Und in der Tasche das Werkzeug, um sich eine neue Mütze zu häkeln!

häckeln damals

«Man zündet auch nicht eine Lampe an und setzt sie unter den Scheffel, sondern auf das Lampengestell, und sie leuchtet allen, die im Hause sind.» Mt 5,15

Scheffel

Ein Getreidesilo, der Tresor von damals!

Getreidebehälter

Dass Stecken und Stab nicht einfach synonym sind, zeigt dieses Bild. Ein Stab (zum Wandern, zum Beispiel) und zwei Stecken (zum Kämpfen, Schlagen, etc.)

Stecken und Stab

Und hier noch Davids Steinschläuder! – Auch heute noch eine wirkungsvolle Waffe.

Steinschleuder

Das und noch unglaublich viel mehr ist zu sehen in der neuen Ausstellung. Gegenstände aus der Landwirtschaft, aus der Tierhaltung, aus dem Haushalt, etc.

Es fällt schwer, nach so einer Exkursion in frühere Zeiten und andere Länder wieder in die Gegenwart zu kommen und dann darüber auch noch einen anständigen Bericht zu schreiben…. Wenn du mit dabei warst, weisst du das, wenn nicht, geh doch einfach selber mal hin. Informationen dazu findest du hier: Bibel+Orient Museum.

Und höchstwahrscheinlich pilgern wir auch nächstes Jahr wieder nach Fribourg ins Bibel+Orient Museum. Denn es gibt immer wieder Neues und Spannendes zu entdecken. Und so lange uns Florian haben will…. Ihm sei auf diesem Weg noch einmal ganz herzlich gedankt für die spannenden Stunden!

Bericht und Bilder: Barbara Fleischmann