Auf Anregung unseres Mitglieds Marina Köhl waren wir am 17. September im Chorherrenstift in Beromünster. Während einer spannenden Führung von Chorherr Pius Sidler erfuhren wir, was ein Chorherrenstift ist, wie man Chorherr wird und ganz vieles über die Geschichte dieser Gebäude.

Vor der Kirche

Als erstes fallen einem die vielen Wappen auf, die beiderseits der Eingangstür zu sehen sind. Es sind die Familienwappen verstorbener Chorherren.

Chorherrenwappen

 

Die Häuser rings um die Kirche sind die Chorherrenhäuser. Jeder der momentan 8 Chorherren bewohnt ein eigenes, Platz hätte es für 16, aber der Nachwuchs fehlt. Darum sind die anderen Häuser vermietet worden. Im einen zum Beispiel, wohne ein Zahnarzt mit seiner Familie, erkärte Herr Sidler.

Chorherrenhäuser

 

In den Häusern oberhalb der Kirche wohnt der Propst – der Chef der Chorherren – und der Kustos.

links das Haus des Propstes, rechts wohnt der Kustos

 

Aber wie wird man denn Chorherr und bekommt die Möglichkeit, hier zu wohnen? – Chorherren sind pensionierte Pfarrer, erklärte Herr Sidler. Wenn ein Pfarrer ins Pensionsalter komme, also mit 65 oder etwas darüber, dann könne er sich beim Propst melden, wenn er Chorherr werden möchte. In der monatlichen Klausur können die Chorherren dann darüber beraten, ob sie den Neuen aufnehmen möchten oder nicht. Das letzte Wort hat aber der Bischof. Und die Regierung der Stadt Luzern dürfe auch mitreden. Das sei zwar ein alter Zopf, der niemandem mehr etwas bringe, aber auch nicht schadet. Darum sei er wohl noch nicht abgeschnitten worden.

Die Pfarrer, bzw. nun Chorherren, die hier wohnen, tun das nicht gratis. Sie bezahlen Miete, Strom, Wasser, etc. wie andere Leute auch. Sie haben auch Verpflichtungen. Sie sind bei den täglichen Gebeten mit dabei, um 7.30 Uhr bei der Matutin und der Laudes – danach Frühstück jeder in seinem Haus. Um 8.45 treffen sie sich dann wieder in der Kirche zur Terz und noch einmal um 18 Uhr zur Vesper und Komplet. Also fast wie im Kloster, nur das hier jeder in seinem eigenen Haus lebt. Einige haben ihre Haushälterin mitgebracht, andere leben ganz allein, haben allenfalls eine Hilfe angestellt, die das Haus regelmässig putzt. Die Chorherren sind bis auf den ältesten – er ist bereits 91 Jahre alt – noch sehr aktiv und helfen regelmässig in den vielen inzwischen priesterlosen Pfarreien aus.

Es heisst, dass der Sohn von Graf Bero aus Lenzburg hier bei einer Bärenjagt getötet wurde. Der Graf lies darauf hier die erste Kirche errichten. Der Flecken hies früher einfach Münster. Da es aber in der Schweiz mehrere Münster gibt, wurde zur Unterscheidung aus Münster irgendwann Beromünster. Das Stift hat eine turbulente Geschichte. Nach den Grafen von Lenzburg übernahmen im 12. Jahrhundert die Grafen von Kyburg das Stift, Mitte des 13. Jahrhunderts ging es an die Habsburger und mit der Eroberung des Aargaus durch die Eidgenossen, kam das Stift 1415 an die Stadt Luzern (daher der „alte Zopf“ der Mitsprache der Luzerner Stadtregierung).

Statue des Erbauers

Vorn in der Kirche steht diese Statue des Erbauers mit dem Plan der Kirche in der Hand.

Die Kirche erinnert an Einsiedeln. Sie ist zwar viel kleiner und weniger prunkvoll, aber im Stil sehr ähnlich. Was zuerst auffällt ist die wunderschöne Kanzel. Sie wird zwar nicht mehr benutzt, aber ein Schmuckstück ist sie allemal.

Kanzel

Kanzel, Detail

Das Gleichnis vom Sämann, dargestellt auf der Kanzel.

Taufstein

Ein prachtvoller Taufstein. Die Stiftskirche ist nicht Pfarrkirche von Beromünster. Auf Wunsch werden hier trotzdem Kinder getauft, und viele Hochzeiten finden hier statt – kein Wunder, so eine schöne Kirche in einer guten Grösse, so dass sich auch kleinere Hochzeitsgesellschaften nicht darin verlieren.

Himmelfahrt  Maria Aufnahme in den Himmel

Das Himmelfahrtsbild an der Decke. Und in der Kuppel Maria Aufnahme in den Himmel. Von aussen sieht man übrigens schön, dass die Kuppel erst später angebaut wurde.

Kirche

Der grosse Vorteil einer Führung ist, dass man auch dort hin kommt, wo man sonst eben nicht hinkommt. Zum Beispiel in den Chor.

Chor

Hier einige Details aus den prachtvollen Schnitzereien:

Emmaus Himmelfahrt Pfingsten

 

Das Stift besitzt wundervolle Schätze, die wir uns auch kurz anschauen durften. Die Sachen sind alle hinter Glas, darum ist auch die Bildqualität eher suboptimal…

Schatzkammer

Kelche

Kelche

Monstranz

Eine Monstranz, die auch heute noch ab und zu gebraucht wird.

Buch

Wertvolle Bücher. Eines davon ist das älteste, in der Schweiz gedruckte Buch von dem man weiss (es hat ein Datum drin).

Reliquiar

Das wertvollste ist aber offenbar dieses kleine Reliquiar (es hat auf meiner Hand gut platz). Es stammt aus dem 7. Jahrhundert und muss etwas ganz besonderes sein, auch wenn es klein und eher unscheinbar wirkt.

Sakristei

Zum Abschluss war in der Sakristei die wunderschöne Kassettendecke zu bewundern…

Chormäntel

…und einige prachtvolle Chormäntel, die die Chorherren früher während den Prozessionen trugen.

Wir waren uns alle einig, die zum Teil lange Anfahrt nach Beromünster hat sich gelohnt! Wir haben eine interessante Führung in eine zuvor unbekannte Welt erlebt.

Und selbstverständlich gehört beim Freundeskreis immer auch ein gemeinsames Essen mit dazu. Das ist schliesslich gut biblisch!

Mittagessen

Text und Bilder: Barbara Fleischmann