Samstag, 13. Mai 2017

Obergösgen liegt für die meisten unserer Mitglieder nicht grad „am Weg“, aber ein Ausflug dorthin lohnt sich, wenn man Thomas Markus Meier kennt und seine Bibelsammlung anschauen darf!

Es ist klein bei Thomas Markus, darum mussten wir die Teilnehmerzahl auf 10 beschränken. Und zu zehnt trafen wir uns also in Obergösgen, wo wir im „Egge“ zuerst ein feines Zmittag genossen, wie das beim Freundeskreis Tradition hat.

Danach machten wir uns auf den Weg zum wenige Minuten entfernten Daheim von Thomas Markus. Wir wurden in ein Zimmer voller Bibeln geführt, wo man schaute, Bibeln, grosse, kleine, Vollbibeln, Teilbibeln,  „normale“ und ganz viele kostbare alte Bücher und Faksimile-Ausgaben! Ein Fest für alle, die Bücher, vor allem Bibeln, lieben.

Viele davon hat uns Thomas Markus gezeigt, und für viele mehr hat die Zeit nicht gereicht. Drei Stunden lang haben wir fasziniert zugehört und geschaut, gestaunt und vieles gelernt. Es ist schon wunderbar, wenn man so kostbare Bücher auch mal anschauen und selber darin blättern kann (und fotografieren!), denn wo kann man das sonst noch?

Es ist mir unmöglich, all die vielen Eindrücke und was ich gehört und gelernt habe, hier zu Papier zu bringen, bzw. in den Computer zu „töggelen“. Darum einfach ein paar Sachen, die mir grad so in den Sinn kommen.

Wir haben zum Beispiel gehört, dass es schon vor Luther deutsche Bibelübersetzungen gab, die allerdings aus dem Lateinischen übersetzt wurden. Luther war der Erste, der von den Originalsprachen, also Hebräisch und Griechisch ausging.

Wenn wir „Biblia pauperum“ hören, dann denken wir an Bibeln mit vielen Bildern für Leute, die nicht lesen konnten. Dass das grundlegend falsch ist, hat uns Thomas Markus an vielen Beispielen gezeigt. Wenn man nicht lesen kann, nicht weiss, worum es geht, versteht man auch die „Armenbibel“ nicht.

Dieses Bild ist aus einer „Biblia pauperum“. Da hat es ganz viel Text darum herum… Im Kreis in der Mitte ist eine Szene aus den Evangelien dargestellt, darum herum Szenen aus dem Ersten Testament, die dazu passen, damit in Verbindung stehen (Typologie ist der Fachausdruck dafür). Das haben die Leute schon damals nicht verstanden, wenn es ihnen nicht erklärt wurde, bzw. sie nicht lesen konnten, was da geschrieben steht. Die Armenbibel hat also nichts zu tun mit Analphabetismus.

Auch dies ist eine Typologie: Christi Himmelfahrt, Jakobs Traum von der Leiter, der gute Hirte und die Himmelfahrt des Elia.

Thomas Markus hat nicht nur Vollbibeln in seiner Sammlung sondern auch Teilbibeln. Vor allem in den Zeiten vor dem Buchdruck war es üblich, auch nur Teile der Bibel zu kopieren. Das Buch der Psalmen ist dafür ein gutes Beispiel, es ist auch eines der am häufigsten illustrierten Bücher der Bibel. Es wurden ja nicht alle Bibeln so reich bebildert. Oft wurde auch einfach „nur“ der erste Buchstabe eines Kapitels schön ausgeschmückt. Zum Beispiel hier: D as ist das buch von der gepurt Jhesu Christi…

„Bibel moralisée“ ist ein Begriff, den ich am Samstag zum ersten mal gehört habe. In diesen Bibeln sind den Bildern aus der Bibel sind jeweils „moralisierende“, d.h. interpretierende Bilder gegenüber gestellt. Das Foto ist aus einer Bibel moralisée zur Apokalypse, die Ludwig dem Heiligen gehörte.

 

Könige, Kaiser und andere reiche Leute leisteten sich ganz spezielle Bücher. So besass Karl der Kühne ein Stundenbuch aus schwarzem Pergament, geschrieben wurde mit Silber. Thomas Markus hat eine Faksimilie-Ausgabe davon:

Das wirkt wirklich sehr edel! – Vor allem Nacht-Szenen konnten da wunderbar dargestellt werden. Hier Jesus im Ölberg, der von den Soldaten verhaftet wird.

Manchmal ist in diesen Bibeln auch ganz unbiblisches zu finden. Thomas Markus fragte uns, was uns an diesem Bild auffällt:

Schnell ist klar, worum es geht: Abrahams Knecht (auf der Suche nach einer Frau für Isaak) trifft auf Rebekka, die ihm und seinen Kamelen zu trinken gibt. Die nackte Frau irritiert tatsächlich und wir alle überlegten lange, wie sie hinpasst. Die Erklärung ist ganz einfach: zur Zeit als dieses Bild gemalt wurde (Spätantike), gehörte zu jeder Quelle, zu jedem Brunnen eine Nymphe! – Warum also sollte das zu Abrahams Zeiten anders gewesen sein? So wird eben eine Quellnyphe dazu gemalt, auch wenn das nicht so in der Bibel steht!

Neben diesen vielen alten Bibeln gibt es auch neuere kostbare Bibeln. Künstler-Bibeln zum Beispiel. Thomas Markus hat eine Dalì-Bibel. Wer diesen Künstler mag, wird auch seine Bibel-Bilder mögen. Ich persönlich habe da so meine Zweifel, sehe (meistens) nicht so genau, was er darzustellen versucht. Aber dieses Bild hier ist nicht schwer zu verstehen, ein Fussabdruck Gottes.

Bibeln wurden früher auf Rollen geschrieben, heute ist eine Bibel in den allermeisten Fällen ein Buch. Aber nicht immer:

Die Wiedmann-Bibel ist über einen Kilometer lang! Am 7. Mai 2017 wurde sie in Magdeburg ganz ausgerollt. Für alle, die ein Smartphone haben: es gibt eine App mit der kann man alle Bilder dieser speziellen Bibel anschauen. Sie kostet Fr. 4.99. Ich habe mir diese App heruntergeladen und muss sagen, es lohnt sich! Auch wenn die Bilder in Buchgrösse natürlich viel besser wirken!

Das wohl kostbarste Buch in Thomas Markus‘ Sammlung: eine Faksimilie-Ausgabe des Speyrer Evangelistar:

Lange war es nicht möglich, diesen kostbaren Einband zu kopieren, erst der 3D-Druck ermöglicht das. Das Buch ist nicht nur von aussen beeindruckend schön, sondern auch innen herrlich gestaltet.

Gern wären wir noch länger geblieben, denn es gibt noch vieles zu entdecken in diesem kleinen Raum mit so vielen grossen Büchern! – Es ist zu hoffen, dass Thomas Markus auch am neuen Ort (wo immer das sein wird, er ist momentan auf Stellensuche) Platz finden wird für seine wunderbare Sammlung, so dass noch mehr Leute von seinem Wissen und seinem Schatz profitieren können. Und wir mit dem Freundeskreis wieder mal vorbei schauen dürfen! Vielen herzlichen Dank, Thomas Markus! Und viel Glück und Gottes Segen wohin auch immer dein Weg dich führt!

Und zum Schluss noch viele weitere Bilder (erstes anklicken, dann werden sie grösser und man kann sich durch die ganze Galerie klicken).

Und ganz zum Schluss: Die Bibelsammlung ist auch auf facebook. Und wer sich für die revidierte Einheitsübersetzung interessiert, und wissen möchte, was denn da so neu und anders ist: Thomas Markus führt auf facebook einen Blog, da kann man vieles nachlesen. Das geht übrigens auch, wenn man nicht bei facebook ist nur kommentieren und „liken“ geht ohne anmelden nicht.

Bericht und Bilder: Barbara Fleischmann

 

Was ist das "Ander teil des alten Testaments"? 
Alles, was nach den 5 Büchern Mose noch kommt.
Was ist das "Ander teil des alten Testaments"? Alles, was nach den 5 Büchern Mose noch kommt.
Typologie
Typologie
Typologie
Typologie
Zu Tische liegen. So mag es beim letzten Abendmahl ausgesehen haben. Eher als so, wie das später Leonardo da Vinci darstellte.
Zu Tische liegen. So mag es beim letzten Abendmahl ausgesehen haben. Eher als so, wie das später Leonardo da Vinci darstellte.
Ich mag Judit (unten links) und Jaël (oben rechts), die anderen beiden musste ich googeln. Das Bild oben links: finde ich unter dem Stichwort "Geisselsäule"  (hier: http://www.rdklabor.de/wiki/Gei%C3%9Fels%C3%A4ule), unten rechts ist offenbar Tomris dargestellt, eine Kriegerkönigin, die den Persischen König Cyrus besiegt hat.
Ich mag Judit (unten links) und Jaël (oben rechts), die anderen beiden musste ich googeln. Das Bild oben links: finde ich unter dem Stichwort "Geisselsäule" (hier: http://www.rdklabor.de/wiki/Gei%C3%9Fels%C3%A4ule), unten rechts ist offenbar Tomris dargestellt, eine Kriegerkönigin, die den Persischen König Cyrus besiegt hat.
Das Speyrer Evangelistar
Das Speyrer Evangelistar
Und das Bild extra für Maya ;-)
Und das Bild extra für Maya ;-)