Samstag, 5. Juni 2021

Corona hat uns gezwungen, fast ein Jahr auf alle Aktivitäten zu verzichten. Darum war die Freude gross, dass wir am 5. Juni endlich wieder mal zusammen unterwegs sein konnten.

Gerade rechtzeitig zu diesem Treffen beschloss der Bundesrat, dass die Restaurants wieder öffnen dürfen, und so konnten wir wie gewohnt mit einem gemeinsamen Mittagessen beginnen.

Nach dem Mittagessen wurden wir von Frau Spring für die Führung erwartet. Nach einer kurzen Einführung über die verschiedenen Gebäude – wo früher Ställe und Werkgebäude waren, befinden sich heute zum Beispiel die Reception, eine Bar, der Klosterladen, wo es allerlei Feines zu kaufen gibt, die Seminar- und Hotelräume, das Restaurant, etc. – spazierten wir zur Südmauer der Klosteranlage. Der ganze Frühling war ja ziemlich kühl und eher feucht. Darum sind auch die prächtigen Gärten noch nicht so am Blühen, wie das normalerweise um diese Jahreszeit der Fall ist. 

Erst an der warmen Südmauer sind die prächtigen Rosen schon richtig aufgeblüht.

Über 250 Rosensorten blühen auf und um das Areal der Kartause, gehegt und gepflegt mit Hilfe der Winterthurer Rosengesellschaft, die x Stunden Freiwilligenarbeit in die Rosen investiert. Die Kartause verfügt über die grösste Vielfalt an historischen Rosensorten der Schweiz. Historische oder Alte Rosen sind Rosen, die aus der Zeit vor 1867 stammen. Im Jahr 1867 wurden das erste mal Rosensorten gekreuzt, sind also Hybriden. Aber egal, welche Sorten auch immer da an der Mauer wachsen: es duftet einfach himmlisch!

Ausser Rosen wächst aber noch einiges anderes auf dem Areal der Kartause. Reben zum Beispiel, den feinen Wein haben wir zum Zmittag ja bereits genossen.

Die Kartäuser essen vorwiegend vegetarisch. Nur ab und zu gibt es Fisch. Aus der eigenen Fischzucht.

Es gibt auch einen grossen Kräutergarten, ein Thymian-Labyrith – Thymian hiflt nicht nur bei Erkältungen, es klärt offenbar auch Geist und Verstand. Leider war keine Zeit, das Labyrith abzuschreiten, auf dem direkten Weg zur Mitte sind es zwar nur 8 Meter, wenn man aber den ganzen Weg gehen möchte, sind es ca. 200 Meter. Und ein Labyrinth rennt man ja nicht einfach ab, man geht im Pilgerschritt, was dann schon eine Weile dauert…

Ich habe es schon erwähnt, der Garten ist fantastisch schön. Man könnte wirklich einen ganzen Tag durch diese Pracht flanieren, in der kurzen Zeit haben wir zwar viel erfahren, aber noch lange nicht alles gesehen. Es lohnt sich, da nochmal hinzugehen!

Den zweiten Teil der Führung verbrachten wir im Museum, erfuhren, wie die Kartäuser damals lebten, wie die Familie Fehr das Anwesen kaufte und was sie daraus machte. Sie ist zum Glück sehr sorgfältig mit allem umgegangen, die Räume wurden zwar umgenutzt, aber ganz vieles blieb erhalten, wie zum Beispiel das ehemalige Refektorium zeigt:

Im Kapitelsaal steht zwar ein Billiardtisch, aber die kunstvollen Sitze entlang der Wände blieben erhalten. Selbstverständlich erfuhren wir auch einiges zum Orden der Kartäuser. Gegründet wurde er vom Heiligen Bruno, der zusammen mit sechs anderen in der Chartreuse (eine Gegend in der Nähe von Grenoble) die erste Einsiedelei gründete. Unschwer zu erkennen aus aus Chartreuse dann die Kartäuser wurden. Die Mönche leben bis heute in der Stille, die allermeiste Zeit allein. Ihre Klausen bestehen aus drei kleinen Räumen, einer für das Handwerk, einer fürs Studium, einer fürs Gebet. Dazwischen – in der Wand eingebaut – ein Bett, in dem sie aber relativ wenig Zeit verbringen. Mitten in der Nacht werden sie zum Gebet geweckt, zuerst für sich in ihrer Klause, dann für ca. 2 Stunden in der Kirche, bevor sie dann für kurze Zeit wieder zurück ins Bett gehen, wo sie aber schon um 6 Uhr wieder zum Gebet geweckt werden.

Gemeinsam gegessen wurde nur am Sonntag oder wenn ein Bruder gestorben war. An normalen Tagen wurde den Mönchen das Essen durch eine Luke gereicht, die so schräg in die Wand gebaut war, dass ein Gespräch unmöglich war.

Jeder Mönch hatte auch ein eigenes Stück Garten, in dem er schalten und walten durfte, wie er wollte. Er durfte anpflanzen was er wollte, einfach Gras wachsen lassen, einen Käutergarten pflegen, oder auch Blumen. Einzige Bedingung war: nichts durfte höher wachsen als die drei Meter hohe Mauer, die den Garten umzäunte. Heute sieht ein Blick aus einem der Fenster so aus (ohne irgendwelche Dreimetermauern):

Prächtig ist auch die dreiteilige Kirche. Der hinterste Teil war für die Arbeiter des Klosters oder – ganz, ganz selten! – Besucher, der mittlere Teil für die Laienbrüder und der vorderste Teil für die Priester. Alles sehr hierarchisch – Kirche eben… Frauen waren übrigens ein No go, auch nicht als Besucherinnen.

Wir haben während dieser Führung enorm viel erfahren und gesehen. Aber längst nicht alles. Man könnte Stunden durch den Garten flanieren und weitere Stunden im Museum verbringen! Ein Grund – nein, viele Gründe! – die Kartause wieder mal zu besuchen. Es gibt übrigens Audio-Guides, die es erlauben, auch auf eigene Faust vieles zu erfahren. Und einfach nebenbei: ich war mit meiner 7jährigen Enkelin dort, es gibt einen extra Kinder-Audioguide. Sie war fasziniert und will da unbedingt wieder mal hin!

Wer sich intensiver mit der Kartause, ihrer Geschichte, den heutigen Angeboten befassen möchte, findet auf der Homepage der Kartause reichlich Informationen.

Bericht und Bilder:
Barbara Fleischmann

Weitere Bilder:

 

 

Beim Mittagessen
Beim Mittagessen
vor der Führung
vor der Führung
Klosterladen
Klosterladen
Restaurant
Restaurant
Rosen an der Südmauer
Rosen an der Südmauer
im trockenen "Bus-Hüsli" gibt es weitere Informationen zu den vielen schönen Rosen
im trockenen "Bus-Hüsli" gibt es weitere Informationen zu den vielen schönen Rosen
die meisten Rosen werden erst später blühen
die meisten Rosen werden erst später blühen
Pfingstrose
Pfingstrose
Im Museum
Im Museum
Der heilige Laurentius
Der heilige Laurentius
wundervolle Details
wundervolle Details
© Brigitte T.
© Brigitte T.