Ganz kurzfristig haben wir auf den 12. Oktober einen Besuch der Spezialausstellung «Kleider in biblischer Zeit» im Bibel+Orient Museum in Fribourg organisiert. Eine Gruppe von 10 Leuten machte sich also auf den Weg in die Westschweiz um zwei spannende Stunden zu erleben.

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Im «Kabinett»

Zuerst führte uns Florian Lippke ins «Kabinett», wo er uns anhand der Exponate erstaunliche Zusammenhänge erklärte. Wer dachte, dass die Geschichten der Bibel eine «Erfindung» der Israeliten sind, wurde eines besseren belehrt. Im kulturellen Schmelztigel Palästina trafen nicht nur Händler aufeinander sondern auch die diversen Kulturen mit ihren Vorstellungen von Göttern und Göttinen und deren Verehrung, von Jenseitsvorstellungen, etc. Es scheint – vielleicht ein bisschen banal gesagt – dass die Israeliten sich aus den verschiedenen Kulturen das ausgesucht haben, das für sie passte und haben daraus ihre eigene Religion und eigenen Geschichten gemacht. Denn damals war ein Leben ohne Religion schlicht nicht vorstellbar. Alles und jedes stand in Zusammenhang mit Gott bzw. den Göttern. Immer und jeden Tag, nicht nur sonntags.

Ein Beispiel, das mir besonders in Erinnerung ist, möchte ich herausgreifen: schon in Ägypten gab es einen «Kelch des Heils»! Florian Lippke zeigte uns einen filigranen Becher in Lotosform. Die Lotosblüte (Seerose) stand und steht nicht nur in Ägypten für Verjüngung und Neuanfang. Wer aus einem solchen Becher trank, wurde gesund, verjüngt, weil das Getränk mit der heiligen Blüte in Kontakt war. Der ägyptische Kelch des Heils!

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Auf dem folgenden Bild ist Ramses der Zweite zu sehen – so sagen es die beiden Tafeln oben rechts. Wenn man sehr genau hinsieht, sieht man, dass er in einer Hand ein Beil schwingt und mit der anderen einen Kerl am Schopf packt. Eine weitere Figur (die ich leider nicht fotografiert habe) zeigt diesen Kerl gefesselt in einer Lotosblüte stehend. Das heisst, erklärt Florian Lippke, dass die Feinde des Pharao sich ihm immer wieder neu unterwerfen müssen und keine Chance haben auf einen Neuanfang in Freiheit.

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Eine andere ungefähr 15 cm kleine Skulptur zeigt eine Gottheit, die einen Stierkopf hat. Sie ist schwarz, hat ihren Goldüberzug im Laufe der vielen, vielen Jahre im Sand verloren, aber so in etwa müssten wir uns das «Goldene Kalb» der Israeliten vorstellen und nicht so ein Riesending, das man oft auf Bildern oder in Filmen zu sehen bekäme.

Dieses und noch vieles mehr erfuhren wir in dieser Stunde über die Zusammenhänge von vor allem der ägyptischen Kultur mit der Bibel. Es war so spannend und interessant, dass wir kaum merkten, dass die Füsse langsam müde wurden vom Stehen im engen Kabinett…

«Kleider in biblischer Zeit»

So waren wir froh, dass wir für den zweiten Teil der Führung Stühle hinzu ziehen konnten um zu erfahren, wer in biblischer Zeit warum welche Kleider getragen hat.

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Am meisten Aufmerksamkeit bekam der Hohepriester, mit seinem purpurnen Übergewand und der Brusttasche mit den 12 Edelsteinen, die übrigens für die 12 Stämme Israels stehen, sicher der Auffälligste der liebevoll gestalteten Figuren.

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Anhand der Figuren und Bildern von Rollsiegeln und Skarabäen erfuhren wir, was die Menschen damals trugen und welche Bedeutung die Kleidung hatte. Die Kleider geben auch Aufschluss, woher die Leute kamen. So sind zum Beispiel Männer aus der Levante fast immer mit einem Lendenschurz mit Troddeln abgebildet.

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Auch heute noch geben ja traditionelle Kleider Auskunft, woher jemand kommt. Man denke da z.B. an unsere Trachten oder die Kilts der Schotten.

Zu bestaunen sind neben anderen auch Königin und König, das ganz gwöhnliche Volk im Alltag und Klagefrauen in Sack und Asche.

Es wird einem auch plötzlich bewusst, welche Bedeutung der «Mantel» hatte und warum man ihn niemandem wegnehmen durfte.

In einer weiteren Vitrine sind das Rohmaterial – z.B. Leinen und Wolle – zu sehen und die Geräte, mit denen gekämmt, gesponnen und gewoben wurde.

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Während zwei Stunden wurden wir reich beschenkt mit einer solchen Fülle an Wissen und Zusammenhängen, dass ich das kaum angemessen zu Papier – bzw. in den Computer – bringen kann.

Allen, die nicht mit dabei waren empfehle ich die Homepage des Museums. Da findet man einiges an Informationen und dort können auch die diversen Bücher zu dieser und weiteren Ausstellungen bestellt werden: www.bible-orient-museum.ch.

Bericht und Bilder: Barbara Fleischmann

P.S.: Für die lausige Qualität der Fotos entschuldige ich mich. Die Exponate sind hinter Scheiben, es spiegelt dementsprechend und Blitzlicht geht eben auch nicht…