Samstag, 24. Juni 2023

Das dritte Treffen in diesem Jahr führte uns nach Wettingen. Das dortige ehemalige Kloster ist durchaus eine Reise wert, wie wir an diesem Samstag feststellen konnten. Mit Ulrich Gasser hatten wir einen kompetenten Begleiter. Er war Geschichtslehrer an der Kantonsschule Wettingen, die seit 1976 in diesen altehrwürden Gebäuden lehrt. Aber der Reihe nach:

Gegründet wurde das Kloster 1227 von Heinrich von Rapperswil. Er geriet auf einer Pilgerfahrt ins Heilige Land in Seenot und versprach der Gottesmutter Maria, ein Kloster zu gründen, wenn er die Reise heil überstehe. Daraufhin sah er einen hellen Stern (Stella Maris), den er als Zeichen des Himmels deutete. Er kam gesund nach Hause und wie das so geht, das Gelübde ging erst mal vergessen. Auf einer Reise aber sah er den Stern wieder, genau in dem Moment, als er in der Limmatschlaufe unterwegs war. Da erinnerte  er sich wieder an sein Versprechen. Der Ort für sein Kloster war gefunden! So lautet die Legende.

Herr Gasser ist ein guter Geschichtslehrer, er belästigte uns nicht mit (zu) vielen Jahreszahlen, die sich ja doch niemand merken kann. Neben der Gründung sind aber noch folgende Daten wichtig:

1594-1633 leitete der umtriebige Abt Peter Schmid die Geschicke des Klosters. Sein Name fiel immer wieder während der Führung durch die Gebäude, er war ein grosser Bauherr, der viele Spuren hinterlassen hat.

1841 wurden sämtliche Aargauer Klöster aufgehoben, auch das Zisterzienserkloster Wettingen, der Klosterbesitzt ging an den Kanton über. Die Mönche gingen ins Kloster Mehrerau bei Bregenz.

1847 wurde aus dem Kloster ein Lehrerseminar und 1976 zog die Kantonsschule ein.

Von 1990 bis 2004 wurden die Kirchen und Klostergebäude umfassend restauriert. Im Moment wird ein Gebäude, das in früheren Jahren abgerissen wurde, wieder aufgebaut. Darum sind auch die offenbar wunderbaren Glasfenster im Kreuzgang zur Zeit nicht zu sehen. Sie wurden abmontiert, damit durch die Bauarbeiten nichts beschädigt wird.

Kreuzgang, ohne die farbigen Glasfenster

Neben dem Eingang zur Laienkirche ist die Baustelle, da wird das Gebäude genau so aufgebaut, wie es einmal war. Die Laienkirche war für die Laienbrüder im Kloster und das «gewöhnliche Volk», die Priestermönche beteten separat, in der Mönchskirche.

Über dem Eingang ist in der Mitte Maria, rechts und links Bernard von Clairvaux, der Gründer des Zisterzienserordens und Heinrich von Rapperswil, der Stifter des Klosters

In einem weiteren Hof steht ein Denkmal für Alberich Zwyssig. Der Komponist unserer Landeshymne lebte von 1821-41 im Kloster Wettingen.

 

Interessant sind auch die vielen Wappen, die man überall entdeckt, hier Stella Maris und das Wappen von Abt Peter Schmied.

Das Wappen mit dem Schachbrettmuster ist dasjenige der Zisterzienser. Man findet es überall, wo Zisterzienser leb(t)en.

Die Anlage ist riesig. Und kaum waren wir in den Gebäuden drin, habe ich auch schon die Orientierung verloren… Im Innern sieht man noch viel besser, wie liebevoll das alles restauriert wurde. Man kann sich mühelos vorstellen, wie das Klosterleben hier war.

Wo früher die Mönche lebten sind heute die Schulzimmer, Lehrerzimmer, Schulverwaltung und was es da noch mehr gibt an einer Kantonsschule. Die gesicherten Glastüren, die modernen Möbel in den Gängen, die Kopiermaschinen weisen darauf hin, dass es hier topmodern zu und  her geht. Die Türen, die Böden und Decken sind noch «wie früher». Die Türe auf dem Bild oben führt in die ehemaligen Winterräume des Abtes. Sie liegen gegen Süden, das half im Winter, sie einigermassen warm zu halten. Seine Sommerräume hingegen lagen logischerweise gegen Norden, so bleiben sie auch bei Hitze schön kühl.

Aus einem der Fenster erhaschen wir einen Blick auf den Klostergarten. Oder zumindest auf einen  Teil davon.

Das ehemalige Refektorium dient als Besprechungszimmer und für kleinere LehrerInnen-Konferenzen. Es finden längst nicht mehr sämtliche LehrerInnen hier Platz.

Wo die Mönche früher geschlafen haben, ist heute eine moderne Mediathek

Und an den Wänden finden sich nicht etwa Schmierereien – wie sonst oft an Orten, wo so viele Jugendliche unterwegs sind – sondern Malereien aus alter Zeit. Die Schülerinnen und Schüler hätten viel Respekt vor den speziellen Gemäuern, nie hätte es Ärger gegeben wegen Graffitis oder anderen Verschandelungen, erzählte Herr Gasser.

Auch der ehemalige Kapitellsaal ist eindrücklich. Wir kommen aus dem Staunen nicht heraus.

Inzwischen sind wir beim Kreuzgang angelangt, der im Moment ein bisschen Baustelle ist (siehe oben), aber der Kreuzgang-Garten ist sehr hübsch, man kann sich gut vorstellen, wie die Mönche hier beteten, meditierten, lasen – oder vielleicht einfach die Seele baumeln liessen.

Die Symbolik und die Zahlen spielen eine grosse Rolle, 4 Ecken, 12 Rosenbäumchen, ein grosser (Lebens-)Baum.

Am Schluss kamen wir zuerst in die Mönchskirche, danach noch in die Konversenkirche, bzw. Laienkirche. Es ist (mit meinem Fotoapparat) unmöglich, das grosse Ganze einzufangen, darum hier ein paar Details, die mir aufgefallen sind:

Die Tür zum Dormitorium. Nachts um 2 Uhr mussten die Mönche zum Gebet. Da sind lange Wege nicht erwünscht. Darum ist so eine Tür vom Dormitorium direkt in die Kirche äusserst praktisch.

Liebevolle Einzelheiten aus dem Chorgestühl:

Was die Kerle wohl schon so alles gesehen und gehört haben?!

Blick zur Orgel

Weit oben ist die «Sponsoren-Galerie» wie Herr Gasser meinte, also der Stifter und andere Wohltäter des Klosters. Heinrich von Rapperswil ist hier ganz links, mit dem Rosenwappen (Rapperswil, die Rosenstadt!)

Und ganz zum Schluss der Führung, beim Eingang der Laienkirche, liess uns Herr Gasser noch einen Blick an die Decke werfen. Moses, der gerade seine Schuhe auszieht beim brennenden Dornbusch! Heisst: Achtung, hier betrittst du heiligen Boden!

Ein spannender Vormittag fand sein Ende. Ganz bestimmt werden wir nochmal wieder kommen. Spätestens im Jahr 2025, wenn die Glasfenster wieder montiert sind!

Wer es gern noch genauer wissen möchte, sei es Infos zur Geschiche des Klosters oder für einen (weiteren) individuellen Besuch auf der Klosterhalbinsel findet das auf der Homepage des Klosters.

Und wie sollte es auch anders sein: zu jedem Treffen gehört ein gemeinsames Essen einfach dazu:

En Guete!

Bericht und Bilder:
Barbara Fleischmann

Weitere Bilder:

neben den modernen Kopierapparaten steht auch schon mal ein fantastischer Schrank
neben den modernen Kopierapparaten steht auch schon mal ein fantastischer Schrank
scho es bitzli müed...
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Kanzel
Kanzel