Stein am Rhein

24. August 2022

Die meisten kennen wohl das hübsche Städtchen Stein am Rhein mit den wunderbar bemalten Häusern in der Altstadt. Unser dritter Ausflug in diesem Jahr führte uns ins Klostermuseum St. Georgen in eben jenem schönen Ort.

Im Hof des ehemaligen Benediktinerklosters werden wir von Käthi begrüsst. Käthi ist eine Hausiererin aus dem 19. Jahrhundert, sie nimmt uns mit in ihre Zeit und weit zurück bis zu den Anfängen von Stein am Rhein.

In ihrem Korb finden sich diverse Waren, von Unterwäsche bis zu hübschen Bändern, hätten wir ihr einiges abkaufen können. Von den Unterhosen trage sie übrigens selber ein Paar, eigentlich könne sie sich das gar nicht leisten, aber der wollene Rock kratze so furchtbar…

Der Inhalt ihres Korbes hilft auch zu verdeutlichen, wie wichtig Stein früher war. Die Lage am Ende des Bodensees, die Brücke über den Rhein – die nächste Brücke in nord-südlicher Richtung befand sich erst wieder in Zurzach! König Heinrich II. verlegte 1007 das Kloster St. Georgen von Hohentwil nach Stein und stattete es mit diversen Rechten aus, wie Markt- und Münzrecht. Aus dem kleinen Bauerndorf wurde eine wichtige Markt- und Handelsstadt.

Als nächstes führt uns Käthi zur reformierten Stadtkirche. Auf dem Weg macht sie uns auf eines der vielen Bilder an den Häusern gegenüber aufmerksam. Es stammt aus dem frühen 20. Jahrhundert und zeigt Zwingli beim Predigen in Stein.

Der Film «Zwingli» wurde übrigens zu grossen Teilen in Stein gedreht. Mehr darüber findest du hier.

Nach der Reformation wurde Stein reformiert, das Kloster wurde aufgehoben und kam unter Zürcher Verwaltung. Zuerst wurde gut dazu geschaut, aber im 19. Jahrhundert drohte es zu verfallen. Es wurde als Industriegebäude genutzt – im prächtigen Festsaal wurden offenbar Seidenraupen gezüchtet (mit wenig Erfolg), im Refektorium standen Maschinen, was den Bildern und den schönen Böden natürlich sehr geschadet hat. Der Unterhalt des Klosters wurde der Stadt zu teuer, die Gebäude wurden zum Verkauf oder zum Abbruch ausgeschrieben.

Gekauft wurde es vom reformierten Pfarrer Ferdinand Vetter. Die Familie Vetter restaurierte das Kloster und machte es zu einem kulturellen Treffpunkt. Später wurde es von der Gottfried-Keller-Stiftung übernommen und heute gehört es der Eidgenossenschaft.

Aber wir befinden uns ja immer noch im Städtchen und schauen uns das Haus an, mit den ältesten Bildern, sie sind aus dem 15. Jahrhundert.

Sie zeigen das Leben von damals, unten das weltliche (lasterhafte) und oben das göttliche. Besondere Aufmerksamkeit gilt der grünen Dame ganz oben: Die Weisheit!

und ganz unten ein aufgeplusterter Reisläufer mit einer Hübschlerin.

Auch in der Kirche sind Bilder zu bewundern, hier die Stifter, König Heinrich II. mit seiner Frau und ganz gross der heilige Christophorus.

Genau so wie auf diesem Bild habe die allererste Kirche hier ausgesehen, weiss Käthi zu berichten. Christophorus ist übrigens des öftern zu sehen, nicht nur hier in der Kirche, auch anderswo im Städtchen und im Kloster. Für Leute, die so nahe am Wasser wohnen, vom Wasser(weg) leben, ist er der wichtigste Schutzheilige. Kennst du die Legende? Wenn nicht, kannst du sie hier nachlesen.

Nach dem Besuch in der Kirche gehen wir zurück ins Kloster. Als erstes werfen wir einen Blick in die Zellen der Mönche. Früher gab es einen regelrechten Wettbewerb unter den vielen Klöstern in der Region. Wie auf einer Perlenkette seien sie aufgereiht gewesen, dem Bodensee und Rhein entlang. Wer damals ins Kloster wollte, hätte die Qual der Wahl gehabt. Um Mönche anzulocken, gab es im Kloster St. Georgen kein Dormitorium, also einen Schlafsaal, sondern jeder Mönch bekam eine Zelle. Das ist natürlich attraktiver als das Geschnarche aller anhören  zu müssen.

Die Zellen sind nicht gross, aber – für die damalige Zeit – hell und freundlich, mit Platz für ein Bett, einen Tisch mit Stuhl, eine Kommode oder einen Schrank, und einen Platz am Fenster, sehr wichtig zum Lesen!

Und dann kamen wir zum Höhepunkt dieser Führung: der Festsaal. Er ist wirklich prächtig bebildert, und weil es sich vornehmlich um weltliche Bilder handelt – (fast) keine Heiligen oder so – haben sie den Bildersturm der Reformation überlebt.

Es kommt mir fast vor wie Wimmelbilder von „Wo ist Walter?“, so viel gibt es da zu sehen. Rom auf der einen Seite, Karthago auf der anderen. Krieg, Eroberungen, Stadtleben, was immer du willst. Hier abgebildet ist nur ein kleiner Teil. Es lohnt sich wirklich, das Museum und speziell diesen Saal zu besuchen, wenn du wieder mal in Stein am Rhein bist.

Und neben Rom und Karthago noch Zurzach:

Wohl weil der letzte Abt ein Zurzacher war. Das Volk bei Spiel und Tanz, Soldaten, die mit ihren Hübschlerinnen im Wald verschwinden und ganz besonders zum Schmunzeln, der hier, der hinter einem Baum sein «Geschäft» erledigt:

Das wahre Leben halt!

Nicht fehlen darf übrigens auch hier der heilige Christophorus. Wichtig nicht nur für katholische, sondern auch für reformierte Schiffsleute. Darum durfte er bleiben.

Die Decke des Saales ist ebenfalls sehr speziell, diese Bögen lassen den Raum viel grösser scheinen, als er wirklich ist:

Und vor dem letzten, vielleicht schönsten Christophorusbild verabschiedet sich Käthi von uns.

Im heutigen Leben sei sie Claudia Eimer, Stadt- und Museumsführerin und von 2012-2016 Stadtpräsidentin von Stein gewesen. – Das erste mal, dass wir von einer ehemaligen Stadtpräsidentin geführt wurden! Sie hat das sehr gut gemacht! Und es ist klar, ich muss da unbedingt wieder mal hin, eine Stadtführung buchen und mir die Bilder an den Häusern genauer anschauen! Dass sich das lohnt, hat die Hausiererin Käthi, bzw. Claudia Eimer heute gezeigt.

Inzwischen ist es Mittag geworden, der Hunger treibt alle Richtung  Restaurant, wo wir mit Fischknusperli oder Lasagne verwöhnt werden.

Am Nachmittag finden die einen nochmal den Weg zurück ins Museum, die anderen flanieren durchs Städtli, finden interessante Läden und ein Gelati, dann lockt auch die Halbinsel Werd und einige ganz Eilige nehmen den nächsten Zug zurück nach Hause.

Auf Wiedersehen, im Oktober in St. Gallen!

 

Bericht und Bilder: Barbara Fleischmann

 

 

 

ankommen in Stein am Rhein
ankommen in Stein am Rhein
Hausiererin Käthi über die Geschichte von Stein
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Nicht nur Christophorus, sondern auch der heilige Georg ist omnipräsent!
Nicht nur Christophorus, sondern auch der heilige Georg ist omnipräsent!