«Wir scheuen uns nicht, auch heikle Themen anzugehen. Wir riskieren auch die Fahrt auf unsicheren Gewässern. Wir bewegen uns am Puls der Zeit. Wir begehen nicht nur ausgetretene Pfade. Wir schauen über den Tellerrand hinaus. …und das seit 25 Jahren.»

Mit diesem Slogan lud der Verein Freundeskreis zum 25jährigen Jubiläum ein. Am 16. Juni 2007 trafen sich 39 Mitglieder und einige Angehörige zum festlichen Anlass auf dem Vierwaldstättersee. Auf dem Oberdeck der «Dragon» konnten wir bei schönstem Wetter Ehemalige vom TKL/STh und den Glaubenskursen begrüssen und auf den Geburtstag anstossen, bevor der offizielle Teil, die Hauptversammlung, begann.

Hauptversammlung

In absolut rekordverdächtigem Tempo führte unser Präsident, Alois Schaller, durch die obligaten Traktanden und konnte die Versammlung bereits nach gut 30 Minuten wieder schliessen. Speziell zu erwähnen ist das grosse Engagement vieler grosszügiger Sponsoren, die das Fest erst ermöglichten, und die erfreuliche Anzahl von 24 Neumitgliedern. (Protokoll).

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Mittagessen

hv2007_cWährenddessen fuhr die «Dragon» mit uns auf dem Vierwaldstättersee Richtung Flüelen, und alle freuten sich, dass sie sich so bald wieder der wunderschönen Umgebung und ihren neuen und alten Bekannten widmen durften. Wiedersehensfreude, angeregte Diskussionen, gute Gespräche sind Hauptmerkmale von jedem Treffen des Freundeskreises und so wurde es auch diesmal niemandem langweilig, während wir warten mussten, bis die beiden freundlichen Mitarbeiterinnen der SNG den Schiffssalon von einem Hauptversammlungslokal in ein gemütliches Restaurant verwandelten, in dem dann ein feines Mittagessen und selbstverständlich auch ein guter Schluck Wein serviert wurde.

hv2007_bDer allgemeine Lärmpegel zeugte auch während des Mittagessens davon, dass alle sich bestens unterhielten und die Fahrt auf dem See – inzwischen befanden wir uns in der Nähe von Brunnen – in vollen Zügen genossen.
Nach dem Essen bestand die Möglichkeit eines kleinen Verdauungsspaziergangs aufs Oberdeck, damit der Salon erneut verwandelt werden konnte, diesmal in ein Vortragslokal. Grad rechtzeitig vor Vortragsbeginn verdunkelte sich der bis dahin wunderbar blaue Himmel, und es begann zu regnen, so dass es niemanden reuen musste, sich wieder ins Innere zu begeben und der momentan doch etwas verhangenen Landschaft quasi den Rücken zu kehren.

«Ein Gott der Gewalt?» – Vortrag von Dieter Bauer

In einer Zeit, in der wir täglich mit Meldungen über religiöse bzw. religiös verbrämte Gewalttaten konfrontiert werden, ist das Thema hochaktuell, wimmelt es doch in unserem Heiligen Buch ebenfalls von Gewalt, nicht nur im Ersten Testament. An ca. 600 Bibelstellen ist von Gewalt unter Menschen die Rede und an über 1000 Stellen wird von Gewalt gesprochen, die Gott ausübt. – Die Bibel ist ein Buch voller Gewalt. Warum?

Mit 5 Thesen versucht Dieter Bauer darauf eine Antwort zu geben:

1. Die Bibel beschönigt nichts, auch nicht die Gewalt
In grossen Teilen der Bibel wird einfach «nur» die gesellschaftliche Wirklichkeit und ihre gewalttätige Struktur abgebildet. Die Schilderung von Gewalt ist keine Rechtfertigung von Gewalt, oft werden Gewalttaten eindeutig verurteilt. Am schlimmsten ist Gewalt, die von Gott veranlasst wird. Aber ist es wirklich Gott, der Gewalttätigkeit befiehlt? Oder wird er vorgeschoben zur Durchsetzung anderer Interessen?

2. Gott kann instrumentalisiert werden – und er wird es auch in der Bibel
Es wird uns unwohl, wenn wir in der Bibel Texte lesen, die Glaubenskriege fast schon rechtfertigen, weil wir unsere eigene Kreuzzugsgeschichte kennen und weil noch heute Glaubenskriege stattfinden. Am Beispiel der Landnahmeerzählungen zeigt Dieter Bauer auf, dass wir es nicht mit historischen Überlieferungen zu tun haben, es handelt sich vielmehr um Wunschträume und Phantasien der Menschen im Exil, denn erst in der Exilszeit, 500 Jahre nach der Landnahme, erhielten diese Texte ihre heutige Form. Die Ohnmächtigen im Exil schöpften Hoffnung auf eine Rückkehr aus den übersteigerten Erinnerungen an die Urzeit.

3. Es ist ein grosser Unterschied, ob Mächtige Gewalt rechtfertigen – oder Machtlose
Erzählungen des «kleinen Mannes», wie z. B. von David und Goliath, verlieren ihren tiefen Sinn und werden missbraucht, wenn Mächtige sie im Munde führen.

4. Die Bibel weiss um die Gefahr des Missbrauchs Gottes
In der Bibel wird immer wieder unterschieden zwischen der Gewalt, die Menschen ausüben, und der Gewalt, die Gott zusteht. Die Rettung kommt von Gott und nicht von der eigenen militärischen Stärke (z. B. am Schilfmeer Ex, 14,13f oder in der Gideongeschichte Ri 7,2f). Die Feind- und Rachepsalmen helfen, nicht selber gewalttätig zu werden. Gott soll dafür sorgen, dass den Geschundenen Genugtuung widerfährt!

5. Gott waltet, indem er für den Menschen Partei ergreift, notfalls mit Gegen-Gewalt
Ein gutes Beispiel für diese These ist die Exodusgeschichte. Gott kann das Elend seines Volkes nicht mehr sehen, er greift ein, mit allen Mitteln. Die Freiheit der Menschen ist sein Ziel, und wer Menschen die Freiheit nimmt, muss mit dem Eingreifen Gottes rechnen, denn der Gott der Bibel ist ein gewaltiger und wenn es sein muss ein gewalttätiger Gott, immer dann, wenn es um das Lebensrecht der Menschen geht.

Den gut einstündigen Vortrag noch kürzer zusammengefasst, heisst das:
1. Biblische Texte sind immer in ihrem historischen Kontext zu sehen.
2. Die Perspektive derer ist zu beachten, die diese Texte der Gewalt im Mund führen.
3. Die Bibel erklärt Gott nicht – sie spricht nur von Erfahrungen.

Abschluss

hv2007_dPräzise mit dem Abschluss des spannenden Vortrages schaute die Sonne wieder zwischen den Wolken hervor, vielleicht um sich mit Dieter Bauer und uns allen zu freuen, dass er als Ehrenmitglied in den Verein aufgenommen ist!

Viel zu bald näherte sich das Boot wieder Luzern, und viel zu schnell hiess es Abschied nehmen und sich alsbald zu freuen auf ein Wiedersehen beim nächsten Anlass des Freundeskreises!
Bericht und Bilder: Barbara Fleischmann