Charles Martig

Zweiundzwanzig Mitglieder fanden am 9. März den Weg nach Jona an die Mitgliederversammlung 2013. Im katholischen Kirchgemeindehaus begann die Versammlung wie gewohnt mit Kaffee und Gipfeli.

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Zur Einstimmung ins Thema des Tages gab ich einen kurzen Überblick über die Geschichte der katholischen Filmarbeit in der Schweiz. Das Buch «Nur für reife Erwachsene», 2011 herausgegeben unter anderen von unserem Referent Charles Martig, zeigt ein Stück Schweizer Kirchengeschichte aus einem eher ungewohnten Blickwinkel. Ein paar Müsterchen daraus zeigten die Anfänge der Filmarbeit auf und brachten die Zuhörenden zum Schmunzeln.

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Nur für reife Erwachsene, Natalie Fritz, Charles Martig, Fabian Perlini (Hg), 2011, Theologischer Verlag Zürich, Edition NZN. 178 Seiten, ISBN 978-3-290-20075-6
Anschliessend führte unser Präsident Alois Schaller wie gewohnt zügig durch den offiziellen Teil der Versammlung. Das Protokoll finden Sie hier.

Bei einem Treffen des Freundeskreises ist auch das Gesellige immer sehr wichtig und so freuen sich alle auf das ausgezeichnete Mittagessen während dem sich gut plaudern lässt.

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Referat von Charles Martig

Charles Martig, bischöflicher Filmbeauftragter und Leiter des Katholischen Mediendienstes führte uns am Nachmittag in den Film «The Tree Of Life» ein, der 2011 in Cannes die goldene Palme gewann.

Filme mit religiösem Touch seien im Moment «in», das zeige die Auswahl der Filme an den letztjährigen Festivals in Cannes, Venedig oder Locarno. «The Tree Of Life» ist ein Film über Natur und Gnade. Es geht um eine texanische Familie in den 50er Jahren, ein strenger Vater, eine gütige Mutter, drei Söhne. Der Mittlere stirbt mit 19 Jahren. Aus der Perspektive des älteren Bruders Jack (gespielt von Sean Penn) zeigt der Film den Verfall der Familie. Der Regisseur Terrence Malick bettet die Geschichte der Familie in den grossen Zusammenhang der Evolution ein, vom Urknall über die Dinosaurier bis zu einem eschatologischen Blick in die Zukunft. Niemand von uns Zuhörenden hat den Film gesehen, darum zeigt Charles Martig die ersten 10 Minuten des Films, damit wir uns ein Bild machen können von den gewaltigen Bildern dieses Films. Es ist in der Tat schwierig zu beschreiben, was da zu sehen ist, aber wir bekommen eine Ahnung, warum dieser Film so polarisiert, dass die einen Kritiker von einer Heiligen Messe im Kino reden, die anderen von religiösem Kitsch.

Die einmalige Gestaltung des Films mit seinen über 1000 Einstellungen mache den Film so einzigartig, sagt Charles Martig. Die Kamera diene als ein religiöses Schreibinstrument, das die Geschichte der texanischen Familie in ein grösseres Ganzes einbettet. Der Regisseur wage mit der Verbindung von Mikrokosmos und Makrokosmos eine quasi göttliche Erzählperspektive, ein Tabubruch in der Filmgeschichte. Der Film nehme auch Bezug zur Debatte, die seit dem Mittelalter in der katholischen Theologie geführt wird, nämlich das Verhältnis von Natur und Gnade. Von Thomas von Aquin (Gratia suponit naturam – die Gnade setzt die Natur voraus) spannt Charles Martig den Bogen zur Philosophie Heideggers und zu Joseph Ratzingers Verhältnisbestimmung von Glaube und Vernunft.

Eine weitere theologische Spur lege Malick auch mit dem zu Beginn des Films eingeblendeten Hiob Zitat «Wo warst du, als ich die Erde gegründet? …» (Hiob 38,4-7). Wir werden daran erinnert, wie klein wir sind gemessen an den grossen kosmischen Ereignissen zwischen Urknall und Ende der Geschichte. Jack O’Brian hadert mit seinem Vater und mit Gott, er verzweifelt an der Welt, die Wunde, die der Tod seines Bruders gerissen hat, ist nicht verheilt.

Noch nie habe er einen Film gesehen, der die Spannung von Natur und Gnade so radikal offen halte mit seiner religiösen Bildsprache. Die Kamera sei das Instrument, mit dem die Geschichte der Menschheit neu geschrieben werde. Es sei ein ungehöriger Anspruch, der auf jeden Fall scheitern müsse. Aber Terrence Malick scheitere grandios und in überwältigender Schönheit, endete Charles Martig seinen Vortrag.

Dieser Kürzestbericht über ein dichtes Referates zu einem noch dichteren Film, wird wohl beiden kaum gerecht, es ist aber zu hoffen, dass er all jene, die nicht dabei waren, auch ein bisschen «gluschtig» macht, sich den Film bei Gelegenheit anzuschauen.

Trailer zum Film «The Tree of Life»

Zum Schluss des Nachmittags weisst Charles Martig noch auf den eben angelaufenen neuen Jesus-Film hin. «The Making Of Jesus Christ» vom Schweizer Regisseur und Rockmusiker Luke Gasser. Es sei einer der ehrlichsten und interessantesten Jesus-Filme seit langem. Und für uns vielleicht noch interessant zu wissen: im Film wird neben Eugen Drewermann, Christine Auf der Au (Theologin), Paul Verhoeven (Regisseur), u.a. auch Prof. Albert Gasser interviewt, bei dem die meisten von uns Kirchengeschichte gehört haben.

Zu diesem Film git es eine Filmbesprechung von Charles Martig und natürlich auch einen Trailer.

Am Karfreitag ist der Film Thema der «Sternstunden» auf SRF 1, Luke Gasser, Charles Martig und Christine Auf der Au werden über den Film diskutieren.

Bericht und Bilder: Barbara Fleischmann