Mit dem Haus der Religionen haben wir eine gute Wahl getroffen, denn der Andrang zur  Mitgliederversammlung am 12. März war gross!

45 Mitglieder haben sich dafür angemeldet, und mussten zum Teil auf die Warteliste, denn mehr als 35 konnten wir diesmal nicht mitnehmen. «Dank» einigen Krankheitsfällen waren aber schliesslich alle, die wollten und konnten mit dabei. 35 Interessierte trafen sich am 12. März im Haus der Religionen zur Mitgliederversammlung.

Wie immer begann sie mit dem Begrüssungskaffee, was diesmal besonders nötig war, waren doch einige neue oder schon lange nicht mehr gesehenen Gesichter mit dabei. So gab es Gelegenheit, sich etwas zu beschnuppern, und miteinander ins Gespräch zu kommen.

Begrüssungskaffee

Pünktlich begann danach der offizielle Teil der Versammlung, wie immer speditiv geleitet von unserem Präsidenten Alois Schaller. Das Protokoll kann hier eingesehen werden und der wie immer biblisch umrahmte Jahresbericht des Präsidenten – dieses Jahr vom Johannesprolog inspiriert zu den Stichwörtern «Anfang» und «Dialog» – findest du hier.

Das Wichtigste in Kürze: wir haben ein zusätzliches Mitglied in den Vorstand gewählt: Clemens Birrer aus Bern. Er ist pensioniert, hat früher beim Bund gearbeitet, hat den Studiengang Theologie gemacht und studiert an der Uni Bern weiterhin Theologie. Zuerst mit Prüfungen und so, inzwischen aber einfach aus Interesse, wie er erzählte.

Clemens Birrer

Clemens Birrer

Finanziell geht es dem Verein sehr gut, darum ist auch das Jahresprogramm 2016 wieder reich bestückt mit Ausflügen Richtung Ost und West (siehe unter Veranstaltungen.)
Der Rest war «das Übliche» und kann im Protokoll nachgelesen werden.

Nach dem offiziellen Teil wartete ein Büffet mit Speisen aus Sri Lanka auf uns. Im Restaurant im Haus der Religionen sind immer wieder andere Länder an der Reihe mit Kochen. Bis einen Tag vor unserer Versammlung war es die Türkei, jetzt eben Sri Lanka.

Speisen aus Sri Lanka

Die beiden Köchinnen erklärten uns die verschiedenen Köstlichkeiten – deren exotische Namen ich natürlich schon wieder vergessen habe – was mit was am besten kombiniert wird, was süss schmeckt, was eher scharf, etc. Auf jeden Fall war es so köstlich, wie es hier auf dem Bild aussieht. Für jene, die sich mit fremden Gerichten nicht so anfreunden können, gab es auch eine Lasagne und diverse Brote und (Schweizer) Käse.

Die beiden Köchinnen erklärten uns die verschiedenen Köstlichkeiten

Haus der Religionen – Dialog der Kulturen

Nach dem Mittagessen hörten wir zuerst einmal etwas über die Geschichte des Hauses, wie es dazu kam, welche Religionen hier vertreten sind, mit welchen Schwierigkeiten zu kämpfen waren, bis das Haus so stand, wie es nun da steht, in Bern West, am Europaplatz. Ein Platz übrigens, der vorher ein «Unort» war, wie es im Prospekt heisst. Nach Bümplitz fährt man nur, wenn man muss, sagte auch David Leutwyler (Geschäftsleiter) in seiner Einführung. Dass es sich hier ganz gut leben lässt, erzählte danach Ursula Ecclesia, die uns durch das Haus führte. Sie wohnt mit ihrer Familie nur wenige Minuten entfernt, ihre Kinder gingen hier zur Schule und haben in diesem Multi-Kulti-Quartier enorm viel profitiert von ihren ausländischen Schulkolleginnen und -kollegen.

Im Hörsaal

Die Religionsgemeinschaften, die im Haus der Religionen einen Raum haben, sind alle aus der Region Bern, und nutzen ihren Raum regelmässig. Vorher hatten sie entweder gar keinen eigenen Raum, oder einen an einem nicht sehr geeigneten Ort. Die Moschee zum Beispiel, war in einer umgebauten Tiefgarage, der Hindutempel neben den Gebäuden der Kehrichtverbrennungsanlage.

Die Religionsgemeinschaften haben ihre Räume selber gebaut und eingerichtet und bezahlen Miete dafür. Es ist klar, dass, wer hier einen Raum hat, offen sein muss gegenüber anderen Religionen, damit das Zusammenleben funktioniert. Herr Leutwyler erzählte, dass sie völlig überrascht wurden, vom grossen Interesse am Haus der Religionen. Die Möglichkeiten für eine Führung wie wir sie hatten, sind für dieses Jahr bereits alle vergeben. Man könne zwar jederzeit hierher kommen, erklärte Ursula Ecclesia, aber nicht immer kann man überall reinschauen. Es sei ein ständiges Abwägen zwischen dem öffentlichen Interesse und den Bedürfnissen der Religionsgemeinschaften, die ja nicht ständig neugierige ZuschauerInnen haben möchten bei ihren Gebeten und Ritualen.

Moschee

Als erstes wurden wir in die Moschee geführt, wo uns Imam Vaxhid Memeti persönlich empfing und uns etwas über die Moschee und den islamischen Glauben erzählte. Auf der Treppe links im Bild steht der Imam, wenn er predigt, auf der kleinen Empore rechts der Mitte, steht er für alles andere. Der Vorbeter kniet in der Nische in der Mitte. Die Frauen haben ihren Platz oben auf der Empore. Herr Memeti ist aus Bosnien, hat an verschiedenen Orten studiert und spricht 5 Sprachen. Er ist schon länger in der Schweiz, hat Familie, die älteste Tochter hat eben ihren Abschluss gemacht und ist Sekundarlehrerin. Auf Nachfragen aus unserem Kreis, sagt er, dass sie praktizierende Muslima sei, aber kein Kopftuch trage, was zu Diskussionen zwischen ihnen geführt hätte. Aber er habe Verständnis, im Koran stehe nirgends, dass Frauen Kopftücher tragen müssen, es sei einfach eine Tradition. Und mit einem kleinen Seitenhieb erzählte er schmunzelnd, er hätte doch vor einigen Tagen alte Fotos aus dem Wallis gesehen, von 1948, alle Frauen hätten Kopftuch getragen…

Was mich ebenfalls beeidruckte – und von dem wir Katholiken lernen können – er sagte, dass man doch nicht auf der ganzen Welt dasselbe predigen könne, nicht überall die gleichen Regeln gelten. Es sei doch etwas ganz anderes, ob ein Moslem in Saudiarabien, in der Türkei oder in der Schweiz lebe.

Als nächstes besuchten wir den Shiva-Tempel der Hindus. Ein farbenfroher, lauter Raum.

im Shiva-Tempel

Der grosse Altar in der Mitte ist Shiva geweiht, die kleineren ringsum den anderen Göttern, wie z.B. Ganesh (die anderen Namen habe ich wieder vergessen…). Ganz richtig ist das zwar nicht, habe ich gelernt. Die Hindi praktizieren nicht Vielgötterei, die verschiedenen Gestalten repräsentieren verschiedene Eigenschaften der einen Gottheit. Einerseits ist mir der bunte Glaube der Hindu fremd, aber andereseits kommt mir das mit den verschiedenen Eigenschaften der einen Gottheit auch irgendwie bekannt vor, wir nennen es Trinität.

Wir sollen bitte im Uhrzeigersinn um den Hauptaltar herum gehen, wir würden sonst den Lauf der Sterne durcheinander bringen. Wieder so etwas, das nur schwer zu verstehen ist, die Wichtigkeit der Sterne und der Horoskope im hinduistischen Glauben. Der Hindu-Tempel war genau deswegen noch nicht fertig, als das Haus der Religionen im Dezember 2014 eröffnet wurde. Als richtiger Tag für die Einweihung des Tempels gaben die Sterne den 11. Februar 2015 an. Darum planten die Hindi auf diesen Tag hin und waren im Dezember darum noch nicht fertig.

Eine weitere Geschichte aus den diversen Schwierigkeiten rund um den Bau des Hauses erzählte uns Frau Ecclesia in diesem Tempel. Er wurde von Tempelbauern aus Südindien gemacht. Weil die Tempelbauer länger in der Schweiz waren, musste zuerst der Beweis erbracht werden, dass es keine Schweizer gibt, die das Handwerk beherrschen, damit sie eine Arbeitsbewilligung erhielten, dann mussten sie nach Schweizer Standart bezahlt werden – in Indien ist das Tempelbauen eine Ehre, die man sich nicht bezahlen lässt – sie mussten Schuhe tragen, nach SUVA-Norm, ein absolutes No-go, denn Schuhe in einem Tempel, das geht gar nicht! – Wir konnten uns lebhaft vorstellen, wie schwierig es war, Kompromisse zu finden, so dass schliesslich alle zufrieden waren, die Suva die Richtlinien eingehalten sah, und der Tempel trotzdem nicht durch Schuhe entweiht wurde.

Raum der Buddhisten

In den Tempel der Buddhisten konnten wir nur kurz einen Blick hinein werfen, er wurde gerade für eine Meditation vorbereitet. Er war für uns alle überraschend kahl. Die meisten haben ein bunteres Bild vor sich, wenn sie an buddhistische Tempel denken. Mit dem Freundeskreis waren wir 2011 im tibetischen Kloster in Rikon, da war alles viel farbiger. Wir lernen daraus, dass Buddhismus eben nicht gleich Buddhismus ist. Das Karge kommt aus Japan, das Bunte aus eher Indien und Tibet. Da der Raum für alle Buddhisten offen sein soll, haben sie sich entschieden, ihn möglichst einfach zu gestalten und Utensilien wie Teppiche, Tücher, etc. in Schränken aufzubewahren, damit sie zur Verfügung stehen für jene, die sie wünschen und brauchen.

Im Haus der Religionen gibt es auch eine Kirche. In Bern gibt es ja schon viele Kirchen, war es da nötig, im Haus der Religionen nochmal eine zu haben? – Sie wird vor allem von kleineren Gemeinschaften genutzt, wie zum Beispiel von den Menonniten, den Herrnhutter oder den äthiopisch-orthodoxen Christen, die den Raum auch gestaltet haben.

Kirche

Oben ist links die Geburt Christi zu erkennen, in der Mitte eine Darstellung der Trinität, rechts die Kreuzigung. Unten ist von links nach rechts ein äthiopischer Heiliger dargestellt (den Namen habe ich vergessen – ihr merkt, in Sachen Namen bin ich echt hoffnungslos…), dann der Engel Gabriel und ganz rechts der Engel Michael. Die Bilder sind für uns eher ungewohnt, und haben auch zu reden gegeben. Die Darstellung der Trinität ruft auch bei mir mehr als nur ein Stirnrunzeln hervor… Die christichen Gemeinschaften, die den Raum nutzen, können aber gut damit leben. Das Haus der Religionen ist nur für Menschen, die sich gegenseitig respektieren, tolerant sind, aufeinander zu gehen können und kompromissbereit sind. Fundamentalisten jeglicher Couleur sind hier fehl am Platz..

Aleviten

Als letztes konnten wir noch einen Blick in den Raum der Aleviten werfen. Dort waren sie gerade am Proben für ein Konzert. Die Aleviten sind die kleinste Gruppe im Haus, sie haben auch finanziell am meisten Mühe. Für mehr als Farbe an den Wänden hat es bis jetzt noch nicht gereicht, aber sie sind auf gutem Weg, verdienen Geld mit Musikunterricht und mit Konzerten. Wir bekamen ein Ohr voll mit auf den Heimweg.

Hat jemand eine Synagoge vermisst? – Es gibt im Haus der Religionen tatsächlich keine. Und zwar weil es in Bern bereits eine sehr schöne Synagoge gibt. In Bern gibt es nur rund 300 jüdische Familien, für die reicht eine Synagoge. Im Haus der Religionen soll es keine Räume geben, die nicht genutzt werden. Selbstverständlich sind die Juden aber trotzdem im Haus präsent, im Verein, mit Veranstaltungen, etc. genauso wie die Baha’i und die Sikhs, die aus demselben Grund keinen Raum im Haus haben, aber im Verein mitarbeiten.

Wer gern mehr über das Haus der Religionen wissen möchte, geht am besten selber einmal vorbei. Einmal im Monat wird eine öffentliche Führung angeboten. Es lohnt sich! Zudem gibt es ein Buch zu kaufen über das Haus und die verschiedenen Religionen, zu beziehen im Haus der Religionen, für Fr. 25.-. Mehr auch auf der Homepage.

Bericht und Bilder: Barbara Fleischmann

 

Begrüssung vor dem Haus der Religionen
Begrüssung vor dem Haus der Religionen
Ausstellung im Haus der Religionen
Ausstellung im Haus der Religionen
Im Boden des Restaurants eingelassen. Die Figur in der Mitte wurde von Adrian Frutiger (der Schriftgestalter) für das Haus der Religionen gezeichnet
Im Boden des Restaurants eingelassen. Die Figur in der Mitte wurde von Adrian Frutiger (der Schriftgestalter) für das Haus der Religionen gezeichnet
Alois Schaller
Alois Schaller
Unsere Kassierin, Elsbeth Walser
Unsere Kassierin, Elsbeth Walser
In der Moschee
In der Moschee
Moschee
Moschee
Moschee
Moschee