Besuch im Bibel+Orient Museum am 12. März 2022

Wir haben sie in den letzten 2 Jahren vermisst, die Besuche in unserem Lieblingsmuseum! Umso schöner war das Wiedersehen und die Führung durch die neue Ausstellung spannend und interessant wie immer.

Die Zeit vergeht in diesem Museum immer sehr schnell, aber diesmal schien es mir, dass wir kaum angekommen schon wieder gehen mussten. – Aber der Reihe nach:

Wie immer trafen wir uns zum Mittagessen, genossen das Wiedersehen und die feine Pizza oder Pasta im Gemelli.

Gestärkt machten wir uns danach auf den Weg zum Museum, wo wir sogleich eintauchten in die Welt des Orient vor zig-tausend Jahren.

Im Museum ist es immer noch sehr dunkel, die Objekte alle hinter Glas, darum gibt es nur wenig Bilder und die lassen auch zu wünschen übrig…

Wichtiger als Bilder sind aber die Ausführungen von Florian Lippke, der sein unendliches Wissen mit uns teilte. Ich notiere hier wie immer, was mir besonders in Erinnerung geblieben ist.

In einem ersten Teil erklärte Florian, wie wichtig das Klima und die Umwelt war für die Menschen und die Götterwelt. Aus Jägern und Sammler wurden sesshafte Bauern, es entstanden Dörfer, Häuser für die Menschen, Tempel für die Götter. Die Sorgen wurden andere, wie nie zuvor waren die Bauern abhängig vom Klima, vom Wetter. Wen wundert’s dass der Wettergott plötzlich wichtig(er) wurde! Es wurde Handel getrieben, gereist, Menschen kamen mit fremden Göttern in Berührung, Traditionen wurden von einem Ort zu anderen getragen, Götter ebenso. Klar wird, die Götter / Gott sind/ist dynamisch. Es gibt kein „so war es schon immer, und nur so ist es richtig“. Götter- und Gottesbilder wandeln sich. Damals ebenso wie heute.

Wichtig für unser Verständnis jener Zeit war natürlich auch die Entwicklung der Schrift und die vielen Bilder auf Rollsiegeln und Scarabäen, die viele Geschichten erzählen. Gut, dass wir Florian haben, der sie zu lesen weiss…

Wenn wir in die Zeit der Bibel kommen, wird es für uns natürlich spannend. Wie wurde aus den vielen Göttern JHWH bzw. Elohim? Schon der Name Elohim zeigt, dass es nicht ganz so einfach ist. Elohim ist nämlich Mehrzahl! Einzahl wäre einfach El. Florian erklärt, dass Elohim zwar ein Mehrzahlwort ist, aber sehr oft die dazugehörigen Verben in Einzahl stehen. Also fragt man sich zurecht Gott oder Götter? Schon ganz am Anfang der Bibel steht: „Lasst uns Meschen machen, uns ähnlich…. Gott erschuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes erschuf er ihn. Männlich und weiblich erschuf er sie.“ (Gen 2,28). Gott einer oder doch mehrere? Und zudem finden sich in der Bibel mehrere Stellen, in denen JHWH und seine Aschera erwähnt sind. – Monotheismus war nicht von heute auf morgen da! Und was mir in diesem Zusammenhang auch hängen geblieben ist: für den göttlichen Segen braucht es das Männliche und Weibliche! Davon zeugen diverse Bilder auf Rollsiegeln sowie auch die weiblichen Gottesbilder in der Bibel.

Auf dem Bild der männliche Gott mit Speeren und Szepter in der Hand, wie er über die Berge geht. Die Göttin steht auf einem Stier mit den Symbolen von Mond und Sonne.

Das erste Glaubensbekenntnis in der Bibel lautet: „Höre, Israel! JHWH, unser Gott ist einzig. Darum sollst du JHWH, deinen Gott lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft“. (Dtn 6,4-5). Florian erklärt, dass es da möglicherweise nicht in erster Linie darum geht, dass es nur diesen einen Gott gibt, sondern dass dieser Spruch, dieses Glaubensbekenntnis darauf hinweisst, dass der Gott im Tempel in Jerusalem, jener in Samaria und in weiteren Tempeln derselbe Gott ist, und nicht jeweils verschiedene. Auch aus anderen Texten des Alten Testamentes wird klar, dass die Israeliten zwar nur ihren Gott anbeteten, aber durchaus auch mit anderen Göttern von anderen Völkern rechneten. Erst in den Texten, die im oder nach dem Babylonischen Exil entstanden wird deutlich: es gibt nur einen Gott. Punkt.

Die meisten werden schon von Echnaton gehört haben. Der ägyptische Pharao, der vermeintlich als erster den Monotheismus einführen wollte. Nur noch der Sonnengott durfte angebetet werden, die anderen Götter wurden verboten, wurden aus den Tempeln entfernt, Bilder zerstört. Man weiss auch, dass er damit bei den Ägyptern nicht durchgekommen ist. – Florian erklärt, dass es z.B. in Mesopotamien auch andere Kulturen bzw. Herrscher gab, die es mit dem Monotheismus versuchten.

Was in diesem Zusammenhang natürlich auch zu reden gibt: die Trinität. Ein Gott? Drei Götter? Im Koran wirft eine Sure uns Christen vor, drei Götter anzubeten. Und ehrlich: es ist eine schwierige Sache mit dieser Trinität. Wer kann das schon jemandem plausibel machen, der nicht damit aufgewachsen ist? Gott, Jesus und die Heilige Geistkraft. Drei oder einer?  Es wurde in den ersten Konzilien heftig gestritten und gerungen, was zu glauben ist, und was eine Häresie.

Die Trinität ist übrigens nicht auf unserem Mist gewachsen! Ich glaube, wir haben das bei einem früheren Besuch schon gesehen: bereits in Ägypten gab es die sogenannten Triaden: Tempel die drei Göttern geweiht waren. Man konnte zu allen beten oder nur zu einem oder zu allen in einem.

Übrigens auch wenn Florian von  Ptah, dem ägyptischen Schöpfergott erzählt, hat man das Gefühl, dass einem das bekannt vor kommt. Ptah, der mit seinen Gedanken, seinen Worten die Welt erschuf…

Oder Psalm 104, den es fast genau so auch schon in Ägypten gab.

Wie schon am Anfang gesagt, die Zeit verging viel zu schnell. Es gäbe wohl noch viel mehr zu entdecken, die vielen Objekte müssten noch genauer angeschaut werden. Vielleicht nochmal vorbei gehen?! – Nächstes mal buchen wir eine Doppelführung! Denn auch in zwei Stunden wird es mit Florian nicht langweilig!

Für mich vielleicht das wichtigste, das ich mitnehme: Gott ist dynamisch. Nicht immer gleich, statisch, stur und „nur genau so“ richtig. Gott ist dynamisch, lebendig.

Das Tetagramm, der Gottesname JHWH wird oft übersetzt mit „Ich bin da“, irgendwo hab ich mal die Übersetzung „Geh und ich geh mit dir“ gelesen (in JHWH klingt das hebräische Wort für „gehen“ an). Dynamisch, lebendig. Passt! Gehen wir, G*tt geht mit uns!

Bericht und Bilder: Barbara Fleischmann

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